Dinner bei der Lobster Lady,
Cape Coral, Florida, Februar 2017
Der Geräuschpegel in der Lobster Lady war immens. Die Lobster Lady ist gerade angesagt, auf einen Tisch wartende Paare, Freunde innen und außen stehend und lautstark redend. Der Platz an der Bar – first come, first serve, so wurde mir gesagt–, war am ganz hinteren Ende, nicht gerade der beste, aber nach langem Warten wenigstens ein Platz.
Er sprach mich, selbst noch weiter hinten, fast hinter der Bar stehend, von der Seite an, freundlich lächelnd, dann grinsend. Ich verstand kein Wort, lächelte nickend zurück. Sekunden später, mein Nebenplatz freigeworden, saß er rechts neben mir, streckte die Hand aus.
„Hi, mein Name ist Ed, von wo kommst Du?“.
Ed ist 66 Jahre alt, die Haare grau, Gesicht und Arme an vielen Stellen sonnenverbrannt, wettergegärbt rau, ein paar fast weiße Bartstoppeln im Gesicht. Ed ist im Construction Business, er baut und renoviert Häuser, meist öffentliche Aufträge.
„Mein Junge, wie alt bist Du? – 30 Jahre?“ „Sie wollen mich auf den Arm nehmen, oder?“ Unbewegtes Gesicht, keine Reaktion, für eine Sekunde, dann sein Grinsen. „Ich bin schon 53.“ „Ja, – wir werden alt, Mann, Du weißt schon, und eigentlich fühlen wir uns nicht so.“
Ed war in Vietnam, mit 18 Jahren, sein Vater im Zweiten Weltkrieg in Europa bei der US Army, auch in Deutschland. Für ihn war Vietnam tendentiell Saufen und Pott Rauchen, keine große Politik, keine große Strategie. – „Mann, ich war 18, Du verstehst. Allerdings, heute, heute denke ich, wir hatten einige schlechte Generäle.“
Ed hat, wieder nach Hause gekommen, sein Geschäft aufgebaut. Für Studieren war keine Zeit, bestand keine Möglichkeit. Ed pendelt heute zwischen Ohio und Florida. In Florida boomt Ed’s Geschäft schon eine Weile, und der Winter in Ohio ist nichts mehr für die Knochen.
„Darf ich Dir auch ein paar unangemessene Fragen stellen? Ich entschuldige mich dafür schon jetzt im Voraus, aber ich frage mich diese Dinge schon länger.“ – „Wissen die Deutschen eigentlich, was im Zweiten Weltkrieg wirklich passiert ist? Wißt ihr, was mit den Juden wirlich passiert ist?“ „Werden Juden heute von den Deutschen als Gleich anerkannt?“
Sie wollen Ed nicht aus der Firma kaufen, immer noch nicht. Er macht die Verhandlungen und die Abschlüsse. So muss er eben weiter arbeiten, was soll er machen.
„Siehst Du, wir hier, wir haben wirklich Angst. ISIS ist wirklich schlecht, weißt Du.“ – „Trump, er sagt und macht vielleicht viel Inakzeptables und vielleicht macht er vieles falsch,… ABER … weißt Du, wenn hier die nächste Bombe explodiert, der nächste Anschlag stattfindet …“
Die Rechungen kommen wie automatisch, müssen korrigiert werden, eine Verwechslung zwischen unseren Weinen. Zwei Scherze mit der jungen Frau hinter der Theke.
„Weißt Du, daran merkt man es. Sie nehmen uns einfach nicht mehr ernst. So geht es.“
Und zum Abschied ein fester Händedruck, ein Nicken. „Es war mir ein Vergnügen. Take care.“