Anfangen

Ein Anfang weiß
es am Ende nicht besser.

(Peter Härtling, Im Schnee, Edition Toni Pongratz, 2016)

 

In jeden Anfang projezieren wir vor dem Anfang das Ende. Wir bedingen den Anfang mit der Erwägung, gar Beurteilung des Endes. Und doch, der Anfang ist in sich als Anfang abgeschlossen und weiß nur um sich. „Ich hätte es von Anfang an besser wissen müssen“ – wie eigentlich? Dieses Wissen-müssen wird durch das Wissen des Endes gleichsam geschaffen; dieses ist ohne jenes gar nicht möglich.

Jedes Ziel ist ohne Anfang nicht als solches existent (wie eine Entscheidung nicht als solche wirklich ist, solange sie nicht kommuniziert, auch äußerlich wirklich wird). Im Anfang erhält das Ziel seine Bedeutung als Ziel, während es ohne diesen frei schwebend, vielleicht als Sehnsucht  verbleibt. Und doch erschöpft der Anfang sich nicht im Ziel; vielmehr liegt das Ziel wohl nur in der Möglichkeit des Anfangens. Welcher Anfang weiß schon von sich selbst, auf was genau er hinausläuft?

Der Anfang als Bedingung des Werdens – ohne Anfangen kein Werden. Dem So-Sein ist kein Anfang mehr inne. „Es ist, was es ist“ (Erich Fried) liegt doch dem Anfangen zugrunde, kann doch das, was ist, noch werden – es bedarf nur des Anfangens.

Insofern, das Wesen der Freiheit des Menschen als Mensch kann man vielleicht als seine Möglichkeit des Anfangens verstehen. Die Natur – hier verläuft Werden und Vergehen, Anfangen und Enden nach den Gesetzen der Natur. Dieser Anfang ist Anfang nicht Anfangen. Die Bedingung der Möglichkeit des Anfangens liegt allein in der Freiheit, sein Wollen auf das zu lenken, was man will und im Tun des Anfangens gleichsam manifest werden zu lassen.

In jedem Anfang liegen Möglichkeiten, von denen das Anfangen nichts weiß; die Möglichkeiten im Anfangen steigen mit dem So-Sein des Anfangs; jede Vorstellung des Endes auf das Sein des Anfangs hin, läßt die Möglichkeiten desselben schwinden.

Die Kunst des Anfangs mag das willenlose Wollen des Endes dieses Anfangens sein.